Aus dem Archiv: „Kritik des Austromarxismus“ von Karl Czernetz

Rezension von „Kritik des Austromarxismus“, einem wichtigen Debattenbeitrag aus der illegalen ArbeiterInnenbewegung zu Fragen marxistischer Theorie.

Karl Czernetz gehörte zu den großen Köpfen der österreichischen Nachkriegssozialdemokratie. Der spätere Nationalratsabgeordnete und Bildungsfunktionär Karl Czernetz war in der Sozialistischen Arbeiterjugend politisch groß geworden und auch nach der Zerschlagung der Sozialdemokratie im Februar 1934 der Bewegung treu geblieben. In der Illegalität spielte er unter dem Decknamen „Konstantin“ bei den Revolutionären Sozialisten bald schon eine zentrale Rolle in der Schulungsarbeit. Wie eine ganze Generation von „Kindern des Roten Wien“ war er ein Schüler Otto Bauers. Der Austromarxismus hatte das Denken und Handeln dieser „neuen Menschen“ zu tiefst geprägt, und auch nach der Februarniederlage, als sie sich daran machten die Fehler der alten Partei zu überwinden, blieb Otto Bauer ihr politischer Ziehvater und Begleiter. Die Beziehung zwischen den Revolutionären Sozialisten im Inland und den ehemaligen Parteiführern im Exil wurde in der Illegalität jedoch immer widersprüchlicher und konfliktreicher.
Karl Czernetz verfasste auf dem Höhepunkt dieser ideologischen Auseinandersetzung das Dokument mit dem Titel „Die Quintessenz des Austromarxismus“, in dem er Otto Bauers theoretische Konzepte, die philosophischen Grundlagen des Austromarxismus und die politische Praxis der Sozialdemokratie einer Kritik unterzieht. Czernetz prüfte dabei, wie er selbst schrieb, stichhaltig nach, dass Otto Bauer die „Marxsche Methode ganz anders auffasst und anwendet als Marx und Engels“.
Dieser Text, ist von großer theoretischer Qualität und dokumentiert ein bislang völlig ausgeblendetes Kapitel in der Ideologiegeschichte der österreichischen Sozialdemokratie. Diese kritische Abhandlung mit dem Austromarxismus war bisher weitgehend unbekannt und wurde nun erstmals als Buch veröffentlicht, damit es einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht werden kann.

Infos zum Buch:
Kritik des Austromarxismus
Von Karl Czernetz („Konstantin“)
Wien 2006
91 Seiten, Preis: 10 Euro
ISBN: 978-3-902988-04-1

Diese Rezension von „Kritik des Austromarxismus“ erschien in der aktuellen Ausgabe der Zeitung der sozialdemokratischen Freiheitskämpfer (Seite 15):
http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2016/04/Kaempfer_1_2016.pdf

Bestellungen an: info[at]gernottrausmuth.at

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