Die Pharisäer, der Prophet und die Gemeinde

Ein österlicher Kommentar zur „Causa Andreas Babler“.

Der Karfreitag steht im Zeichen vom Blut und Schweiß des Propheten. Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen und für viele linker Hoffnungsträger in der Sozialdemokratie, musste dieser Tage auch seinen Golgathaweg antreten. Seit Monaten hat er sich mit seiner Kritik an den unhaltbaren, von der Innenministerin politisch bewusst herbeigeführten Zuständen in der Asylpolitik einen Namen gemacht. Mit scharfen Worten geizte er auch nicht, wenn es darum ging, das Unvermögen des Kanzlers anzuprangern. Dass er sich damit nicht nur Freunde gemacht hat, darf nicht überraschen. Und das Imperium wartete offensichtlich nur auf den richtigen Moment, um zurückschlagen zu können. Nachdem ihm von Ministeriumsseite schon mit einer Sonderuntersuchung rund um Verwaltungsmissstände in seiner Gemeinde das Leben schwergemacht wurde, haben nun die Freiheitlichen begonnen einen Zweitjob des Bürgermeisters bei der Gemeinde und sein beachtliches Einkommen von 11.300 Euro brutto zu skandalisieren.

Wie die Pharisäer im Neuen Testament hackt nun die Meute aus blauen Provinzpolitikern, bürgerlichen Journalisten (allen voran der „Standard“) und „roten“ Parteisoldaten ganz im Sinne der politischen Elite auf den Propheten ein. All jene, die für gewöhnlich gemäß ihrer bürgerlichen Weltanschauung selber Erfolg am liebsten in hohem Einkommen, Karriere im Job und der Akkumulierung von (auch bezahlten) Ämtern sehen und aufgrund des Drecks am eigenen Stecken lieber in Demut schweigen sollten, ereifern sich nun über die Privilegien des einzigen, der mit einer linken Kritik am politischen Status quo halbwegs eine Öffentlichkeit hat. Dieses Spiel ist nicht schwer zu durchschauen.

Im Matthäus-Evangelium (23; 1-36) wandte sich der Prophet angesichts der Machenschaften seiner Gegner offensiv „an das Volk und an seine Jünger und sagte: Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich auf den Stuhl des Mose gesetzt. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen. Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, damit die Menschen es sehen (…) bei jedem Festmahl möchten sie den Ehrenplatz und in der Synagoge die vordersten Sitze haben… Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr haltet Becher und Schüsseln außen sauber, innen aber sind sie voll von dem, was ihr in eurer Maßlosigkeit zusammengeraubt habt. Ihr seid wie die gepflegten Grabstätten: von außen sauber und geschmückt, so dass man gern hinsieht; aber innen ist alles voll stinkender Verwesung. Ihr wollt vor den Leuten als die Gerechten dastehen, aber in Wirklichkeit seid ihr voller Bosheit und Heuchelei.“

Genosse Babler ist von einer solch offensiven Haltung derzeit leider weit entfernt. Dabei rächt sich wohl auch, dass es bislang noch nicht gelungen ist, außerhalb von Traiskirchen ein wirklich organisiertes linkes Netzwerk zu etablieren, und er immer noch als Einzelkämpfer für eine Veränderung der SPÖ wahrgenommen wird. Diese Causa ist natürlich alles andere als hilfreich bei der Herausbildung eines organisierten linken Flügels. In den sozialen Medien schreiben selbst viele seiner Anhänger nicht zu unrecht, dass die Optik keine gute ist. Solche Einkommen sollten schlicht und ergreifend in unserer Bewegung keinen Platz haben. Hier braucht es klare Regeln, die es verunmöglichen, dass ein Roter mehr als einen Lohn eines qualifizierten Facharbeiters ausbezahlt bekommt. Die Differenz zum gesetzlichen Politikergehalt sollte in einen Kampf- und Spendenfonds fließen, der von der Bewegung transparent verwaltet wird. Das würde auch den Kreis zum Osterfest schließen, das als Geburtsstunde der urchristlichen Gemeinde gesehen werden muss, die als Vorläufer jener Organisationen gesehen werden kann, die am Beginn der modernen Arbeiterbewegung standen. An deren Grundprinzipien und -werten sollten wir uns heute wieder orientieren, wenn wir eine Wiederauferstehung unserer Bewegung anstreben. Die künftigen Propheten werden auch an ihrer Haltung zu diesen Prinzipien gemessen werden.

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